LVR-Industriemuseum St. Antony-Hütte
Die St. Antony-Hütte ist die älteste Eisenhütte im Ruhrgebiet und zählt zu den wichtigsten Zeugnissen für die frühindustrielle Entwicklung der Region. Als Standort des LVR-Industriemuseums erzählt sie heute gleichermaßen von anfänglichen Produktionsschwierigkeiten wie von revolutionärer technischer Innovation, etwa der erstmaligen Nutzung eines Kupolofens für die Herstellung von Gusseisen. Zugleich ist die Geschichte der Hütte mit der Geschichte wesentlicher Persönlichkeiten der Ruhrgebietsgeschichte verknüpft, allen voran mit jener Gottlob Jacobis. Wer sich vor Ort auf Entdeckungsreise begibt, folgt den Spuren hart umkämpfter Besitzverhältnisse - und erlebt einen echten Wirtschaftskrimi.
Franz Ferdinand Lambert Nicolaus Freiherr von der Wenge zu Enckingmühlen und Dieck (1707-1788), Domkapitular in Münster, wusste als erster die Eisensteinvorkommen in Osterfeld wirtschaftlich zu nutzen. 1741 stellte er beim Erzbischof zu Köln Antrag auf Abbau; 1753 erhielt er die Konzession zum Bau einer Eisenhütte. Doch erst fünf Jahre später, am 18. Oktober 1758, konnte auf St. Antony erstmals der Hochofen angeblasen werden: Zisterzienserinnen aus einem bachwärts liegenden Kloster hatten aus Angst um ihre Fischzucht gegen die Inbetriebnahme der Hütte geklagt, waren jedoch letztlich erfolglos geblieben. 120 Jahre lang sollte auf Antony, der "Wiege der Ruhrindustrie", fortan Eisen verhüttet werden.
Nach von der Wenges Tod 1788 erhoben aufgrund ihrer jeweiligen Verhandlungen mit den Erben gleich mehrere Parteien Anspruch auf die Hütte: Eberhard Pfandhöfer, hochverschuldeter Betreiber der Gute Hoffnung-Hütte in Sterkrade, sowie die Fürstäbtissin von Essen, Maria Kunigunde von Sachsen, und ihr Hüttenleiter, Gottlob Jacobi. Jacobi klärte die Besitzverhältnisse letzten Endes "per Waffengewalt" zugunsten der Fürstäbtissin, übernahm selbst die Führung auf Antony und modernisierte den zuvor eher unrentablen Betrieb erfolgreich. Der spätere Zusammenschluss mit der 1808 gegründeten Hüttengewerkschaft Jacobi, Haniel & Huyssen schließlich bildete die Basis für die Entstehung der Gutehoffnungshütte, die sich zu einem der größten Montankonzerne ihrer Zeit entwickeln sollte. Auf St. Antony jedoch erlosch der Hochofen bereits 1843; 1877 wurde auch die Gießerei stillgelegt. Nur das Wohnhaus des Hüttendirektors überdauerte bis ins 21. Jahrhundert. Es wurde 2004 vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) erworben und zum Museum ausgebaut.
Seit 2008 fungiert das Direktorenhaus, in dem Gottlob Jacobi gemeinsam mit seiner Frau Johanna Sophia Haniel und sieben Kindern bis zu seinem Tod im Jahr 1823 wohnte, als Standort des LVR-Industriemuseums. Szenische Führungen mit dem ehemaligen Hüttendirektor gehören fest zum Programm, einmal mehr im Jubiläumsjahr 2020 zum 250. Geburtstag Jacobis. Neben zahlreichen Exponaten, die die Produktionsprozesse und die Produktpalette der ehemaligen Hütte verdeutlichen, liefert die Dauerausstellung zudem über zahlreiche Alltags- und Einrichtungsgegenstände Einblick in die Lebensverhältnisse von einst. Der museumseigene Spielplatz bringt den jüngsten Besuchern über einen zehn Meter hohen, einem Hochofen nachempfundenen Kletterturm die Funktionsweise eines Hüttenwerks spielerisch nahe.
46119 Oberhausen
Telefon: +49 2234 9921555
eMail: info@kulturinfo-rheinland.de
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