Bergmann am Hebel (1961)
Menschen und Maschinen im deutschen Kohlen-, Erz- und Kalibergbau
„Bergmann am Hebel“ gibt impressionistische Einblicke in die Welt unter Tage in verschiedenen Bergbauzweigen der Bundesrepublik Deutschland zu Beginn der 1960er-Jahre. Der Film setzt dabei ganz auf die Wirkung seiner Bilder und der Musik.
Der Film
Lebhafter Verkehr in der Essener Innenstadt und in einem ungenannten Kalibergwerk, Gewinnung im Steinkohlenbergwerk oder im Braunkohlentagebau, Förderung oder Aufbereitung: „Bergmann am Hebel“ stellt den Bergwerksbetrieb als eine weitgehend mechanisierte und automatisierte, saubere Arbeitswelt dar, in der die Bergleute keine harte körperliche Arbeit mehr verrichten, sondern als Bediener moderner Maschinen tätig sind. Dies ist ein vertrautes Narrativ in den filmischen Selbstdarstellungen der Bergbauindustrie aus dieser Zeit. Ebenso folgt der Aufbau des Films im Prinzip bergbaulichen Produktionslogiken. Seine Machart hebt ihn hingegen von anderen, konventionellen Repräsentationsfilmen der Branche ab: „Bergmann am Hebel“ verzichtet gänzlich auf Kommentare und Geräusche. Er präsentiert seine Bilder lediglich untermalt mit einer Musik, die die beabsichtigte Bildaussage in ästhetisierender Absicht unterstreicht und kommentiert, teils aber auch Kontrapunkte setzt und mitunter artifiziell anmutet. Während im Hintergrund zuweilen dezent ein Bass mitschwingt, dominieren die unverwechselbaren Klänge einer Hammond-Orgel, ein elektromechanisches Instrument benannt nach seinem Erfinder Laurens Hammond, die in der Populärmusik der 1960er- und 1970er-Jahren weit verbreitet war.
Film-Kontexte
„Bergmann am Hebel“ ist einer von insgesamt drei Filmen, die 1961/62 im Auftrag der Wirtschaftsvereinigung Bergbau e.V. als dem Dachverband des gesamten deutschen Bergbaus durch die Monta-Film GmbH produziert worden sind. Ebenfalls 1961 wurde mit „Schätze unter Deinen Füßen“ ein Repräsentationsfilm hergestellt, der die verschiedenen Bergbauzweige in der damaligen Bundesrepublik ausführlich und umfassend als moderne und volkswirtschaftlich relevante Industriezweige präsentierte. Daraus wurde 1962 der Steinkohlenteil ausgekoppelt, ergänzt und als eigenständiger Film veröffentlicht. Die Musik stammt in beiden Fällen von dem österreichischen Filmkomponisten Rudolf Perak (1891–1972), der sich auf Dokumentarfilme spezialisiert hatte. Die Filmaufnahmen in „Bergmann am Hebel“ finden sich zum großen Teil auch in „Schätzen unter Deinen Füßen“ wieder, mit der musikalischen Untermalung wurde hingegen Erik Landy beauftragt, der 1961/62 auch die Musik zu den Dokumentarfilmen „Ein Aufstieg ohne Beispiel“ und „In einer neuen Zeit“ des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung sowie zu „Stahlmatten im Beton“ des Fachverbandes Baustahlmatten beisteuerte, zu dessen Biographie und Wirken darüber hinaus aber nichts weiter bekannt ist. Die Wahl des Komponisten Landy und seiner
Musik unterstreicht die künstlerischen Ambitionen von „Bergmann am Hebel“, der einem zeitgenössischen Trend folgend offenkundig mehr Filmkunstwerk als nur funktionaler Gebrauchsfilm sein wollte und nicht zuletzt für einschlägige Filmfestivals bestimmt war. So erhielt er bei den 2. Internationalen Industriefilm-Festspielen in Turin im Juni 1961 einen ersten Preis und von der Filmbewertungsstelle der Länder in Wiesbaden das Prädikat „Besonders wertvoll“. Demgegenüber zielten die beiden Filme „Schätze unter Deinen Füßen“ mit ihrer konventionellen Gestaltung vorrangig auf die interessengeleitete Selbstdarstellung der Branche in einer breiten, mit dem Bergbau kaum vertrauten Öffentlichkeit ab und können damit als Gebrauchsfilme der Industrie in einem herkömmlichen Sinn angesehen werden.
Dr. Stefan Przigoda, Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
Filmografische Angaben
Produzent: Monta-Film GmbH, München
Auftraggeber: Wirtschaftsvereinigung Bergbau e. V., Bonn
Produktionsjahr: 1961
Musik: Eric Landy
Buch: Bert Brandt
Regie: Bert Brandt
Kamera: Dieter Liphardt
Sprache: deutsch
Laufzeit: 10 Minuten
Format: 16-mm-Lichtton, Farbe
Archiv: Montanhistorisches Dokumentationszentrum/Bergbau-Archiv Bochum des Deutschen Bergbau-Museums Bochum
Auszeichnungen: Prädikat „Besonders wertvoll“ der Filmbewertungsstelle Wiesbaden; 1. Preis in der Kategorie F (Filme über soziale Fürsorge) auf den 2. Internationalen Industriefilm-Festspielen in Turin, 25.-28. Juni 1961
Kontakt
Deutsches Bergbau-Museum Bochum
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
Dr. Stefan Przigoda
Am Bergbaumuseum 28
44791 Bochum
Stefan.przigoda@bergbaumuseum.de
Verkehr in einem Kalibergwerk (Standbild aus „Bergmann am Hebel“)
Bergmann in der Grubenwarte (Standbild aus „Bergmann am Hebel“)
Ladearbeiten unter Tage mit einem Wurfschaufellader (Standbild aus „Bergmann am Hebel“)