Kraftwerk Springorum (1963)

Eigentlich ist es nur ein Steinkohlekraftwerk von vielen, die in den 1960er-Jahren neu gebaut wurden. Das heute längst verschwundene Kraftwerk Springorum im Bochumer Süden bekam mit dem gleichnamigen Film ein künstlerisch ambitioniertes Denkmal gesetzt. Dabei spielt die Musik eine tragende Rolle.

 

Das Kraftwerk

1961 nahm die Gelsenkirchener Bergwerks-AG (GBAG) in Bochum-Weitmar das Kraftwerk Springorum in Betrieb. Ursprünglich sollte hier Kohle aus der nahe gelegenen Zeche Prinz Regent verbrannt werden, aber die war kurz zuvor geschlossen worden. Bis zur Stilllegung im Jahr 1985 erzeugte die GBAG bzw. die Veba Kraftwerke Ruhr (VKR) im Kraftwerk Springorum aus ballastreicher, kaum verkäuflicher Steinkohle lukrativen Strom, der an das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) geliefert wurde. Das Kraftwerk mit zwei 150-Megawatt-Blöcken war bei seiner Inbetriebnahme technisch auf dem neuesten Stand und leistete einen Beitrag, den rasch steigenden Strombedarf in den 1960er-Jahren zu decken.

 

Der Film

Wieso gerade diese Anlage für eines der seltenen filmischen Kraftwerksporträts ausgesucht wurde, ist unklar. Klar ist hingegen, dass „Kraftwerk Springorum“ eine ungewöhnliche Mischung aus „Informationsfilm“ und „Kunstfilm“ geworden ist. Im ersten Drittel erklärt der Erzähler bei kaum wahrnehmbarer Musik nüchtern die Hintergründe für Bau und Betrieb der Anlage. Das Bild ist geprägt von ungewöhnlichen Kameraperspektiven, für damalige Zeiten schnell geschnittene, aber statischen Einstellungen und vielen, vielen Nahaufnahmen von Anlagenteilen, Maschinendetails und Menschen. Dann stellt der Film unter den drei Überschriften „Kohle“, „Wasser“ und „Strom“ den Betrieb des Kraftwerks von der Kohleanlieferung bis zur Übergabe des Stroms an das RWE-Umspannwerk Eiberg vor. Jetzt tritt die jazzig angehauchte Musik von Bert Grund in den Vordergrund und untermalt oder kommentiert die schnell geschnittenen Bildsequenzen. Treibende Rhythmen begleiten die Kohle auf den vielen Förderbändern. Zu Einstellungen aus Kontrollraum und Labor erklingen ruhige sphärische Töne, während perlende Flötentöne und Harfenklänge Bilder vom Wasser im Kraftwerk untermalen. Am Ende vermitteln Cembalo-Klänge zu ineinanderlaufenden Einstellungen von Hochspannungsleitungen Harmonie und Leichtigkeit. Auch wenn der kurze Film eindeutig ein Kind seiner Zeit ist, ist er auch heute noch kurzweilig und gut anzuschauen.

Die Musik stammt von dem Komponisten Bert Grund (1920–1992), der nach seinem Studium an der Musikhochschule Dresden zunächst Filmmusik komponierte (u. a. für „Die 1000 Augen des Dr. Mabuse“ von Fritz Lang). Anfang der 1960er-Jahre verlagerte er sein Schaffen weitgehend auf Musik für das junge Medien Fernsehen, in der Regel im Auftrag der Bavaria (z.B. „Funkstreife Isar 12“).

Hans-Georg Thomas, Historisches Konzernarchiv RWE

 

Filmografische Angaben

Produzent: Deutsche Industrie- und Dokumentarfilm GmbH

Auftraggeber: Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG)/Gelsenkirchener Bergwerks-AG (GBAG)

Musik: Bert Grund

Regie: Hans Joachim Ruths

Drehbuch: Dieter Rüsse

Jahr: 1963
Laufzeit: 10 Minuten
Format: 16-mm-Lichtton, Farbe

 

Kontakt

Historisches Konzernarchiv RWE

Hans-Georg Thomas

Ernestinenstraße 60

45141 Essen

hans-georg.thomas@rwe.com

 

 

Standbild aus „KRAFTWERK SPRINGORUM“, 1963

Standbild aus „KRAFTWERK SPRINGORUM“, 1963

Standbild aus „KRAFTWERK SPRINGORUM“, 1963